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Schrozberg

Leichte Sprache

Leichte Sprache als wichtiger Meilenstein zur Inklusion

Was ist Leichte Sprache?

Die Leichte Sprache ist eine besondere, stark vereinfachte Variante der deutschen Sprache. Ihr Ziel ist, die Verständlichkeit von Texten und Dokumenten zu erhöhen und so allen Menschen den Zugang zu Informationen zu erleichtern. Die Idee zur Entwicklung einer leicht verständlichen Sprache stammt ursprünglich von der Vereinigung “People first”, einer Selbstvertretungsorganisation für Menschen mit Lernschwierigkeiten aus den USA.

Mit Leichter Sprache Barrieren abbauen

Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ein Bedürfnis aller Menschen. Sie entscheidet über die Lebensqualität des Einzelnen. Schließlich sind Menschen soziale Wesen und brauchen einander.

An vielen Stellen verhindern Barrieren, dass alle Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Wer dabei nur die baulichen Barrieren wie Schwellen oder Stufen im Blick hat, die Menschen mit Mobilitätseinschränkungen den Zugang zu Gebäuden wie Schulen, Behörden und Museen versperren, betrachtet nur einen Ausschnitt. Fehlende Kontraste und fehlende Leitsysteme stellen beispielsweise Teilhabebarrieren für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen dar. Menschen mit Hörbehinderungen hingegen benötigen Informationen in Gebärdensprache, um einem Vortrag folgen zu können.

So wie eine Tür den Zugang zu einem Gebäude für eine Person ohne Weiteres ermöglicht, kann die gleiche Tür für eine andere Person zur Barriere werden, zum Beispiel, wenn sie nicht breit genug für einen Rollstuhl ist. Auch die Sprache kann eine Barriere sein. Wer nicht die gleiche Sprache wie die anderen spricht, fühlt sich schnell ausgeschlossen. Nicht nur eine andere Muttersprache kann Teilhabe verhindern. Für viele Menschen ist die Art, in der die deutsche Sprache heute zum Beispiel in Gesetzestexten oder in Mitteilungen von Behörden genutzt wird, schwer verständlich. Wer einen Text nicht erfassen kann, gibt schnell auf. Wer den Brief einer Behörde nicht versteht, kann eventuell auf Grund der fehlenden Verständlichkeit nicht die erforderlichen Entscheidungen treffen.

Die Leichte Sprache kann helfen, sprachliche Barrieren abzubauen und allen Menschen den Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Besonders in Ämtern und Behörden muss dies sichergestellt werden. Öffentliche Stellen verpflichtet das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (BGG) zur einfachen und verständlichen Kommunikation. Dabei sind sowohl die schriftliche als auch die sprachliche Kommunikation inbegriffen. Ebenso müssen entsprechend der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) öffentliche Stellen Informationen im Internet barrierefrei zur Verfügung stellen.

Zur Zielgruppe der Leichten Sprache gehören:

  • Menschen mit geistigen Behinderungen
  • Menschen mit Lernbehinderungen
  • Menschen mit Sprachstörungen
  • Menschen mit Demenz
  • Menschen mit Hörbehinderungen
  • Menschen mit einer anderen Muttersprache

Schätzungen zufolge können etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland von der Leichten Sprache profitieren. Dafür lohnt es sich, die Regeln der Leichten Sprache zu erlernen.

Für die Leichte Sprache gibt es verschiedene Regelwerke. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Leichte Sprache die Publikation "Leichte Sprache – ein Ratgeber"  herausgegeben, die in zahlreichen Verwaltungen genutzt wird. Wir haben die wichtigsten Regeln zusammengestellt.

Zahlen als Ziffern schreiben, nicht als Wort

Beispiel: fünf Kinder
Besser: 5 Kinder

Beispiel: DE00 1234 1234 1234 1234 12

Beispiel: 03.02.2023
Besser: 3. Februar 2023

Einfache, gut verständliche Wörter wählen

Beispiele:

  • verbieten statt untersagen
  • schneller machen statt beschleunigen
  • besser machen statt optimieren
  • berechnen statt kalkulieren

Beispiele:

  • Treffen statt Meeting
  • Gefühle statt Emotionen
  • Bewegung statt Mobilität
  • Veranstaltung statt Event

Beispiel:

Betreutes Wohnen ist eine Wohnform.

Beim Betreuten Wohnen kommt ein Helfer zu Ihnen nach Hause. Er hilft zum Beispiel beim Einkaufen.

Kurze Wörter sind besser lesbar und sollten bevorzugt werden. Wenn lange Wörter erforderlich sind, sollten diese mit einem Mediopunkt oder einem Bindestrich getrennt werden. Die Trennung macht Wörter leichter lesbar.

Beispiele:

Bundes·tag

Kinder·garten

Werkstatt·rat

Selbst·bestimmung

Hinweis: Die Trennung durch Mediopunkt oder Bindestrich wird nur bei Wortzusammensetzungen verwendet. Beim Wort "Behinderung" nutzt man sie dagegen nicht.

Wörter mit mehreren Bedeutungen vermeiden und so konkret wie möglich formulieren.

Mit dem Wort “Boden” kann zum Beispiel der Fußboden oder der Dachboden gemeint sein.

Beispiel:

Ich werde den Boden sauber machen.

Besser:

Der Fußboden ist schmutzig. Ich werde ihn sauber machen.

Abkürzungen, die nur selten angewendet werden und nicht allgemein bekannt sind, vermeiden

Beispiel:

BGB – Bürgerliches Gesetzbuch

  1. a. – und andere

BTHG – Bundes·Teilhabe·Gesetz

Weit verbreitete Abkürzungen wie LKW oder ARD brauchen nicht ersetzt werden. Auch Abkürzungen, die der Zielgruppe des Textes gut bekannt sind, können verwendet werden.

Beispiel:

Der Schwerbehindertenausweis ist ein bundesweit einheitlicher Nachweis über den Status als schwerbehinderter Mensch und gibt Auskunft über die Schwere der Behinderung.

Besser:

Menschen mit einer schweren Behinderung können einen besonderen Ausweis bekommen. Er heißt Schwer·behinderten·ausweis. Er gilt überall in Deutschland. Auf dem Ausweis steht, wie schwer die Behinderung ist.

Die Menschen direkt ansprechen, auf die in Verwaltungen übliche unpersönliche Sprache verzichten

Beispiel: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach SGB II können einen Antrag stellen.

Besser: Sie können einen Antrag stellen.

Beispiel:

Wenn im Text bisher das Wort “Krankenhaus” verwendet haben, sollte auch später nicht zum Wort “Klinik” gewechselt werden.

Besser verständliche Verben nutzen

Beispiel: Das Bellen der Hunde ist laut.

Besser: Die Hunde bellen laut.

Verneinungen erfordern beim Leser eine höhere Aufmerksamkeit. Wenn die Verneinung überlesen wird, kann der Text gegenteilig wirken. Wenn möglich, sollte auf Verneinungen verzichtet werden.

Beispiel: Er ist nicht gesund.

Besser: Er ist krank.

Beispiel: Er will nicht auf die Wanderung verzichten.

Besser: Er kommt mit zur Wanderung.

Empfohlen werden:

  • einfache Schriftarten wie Arial oder Tahoma
  • Fettdruck
  • Schriftgröße 14

– Zeilenabstand 1,5

– mehrere Absätze und Überschriften

Menschen mit geistigen Behinderungen sind in speziellen Prüfgruppen aktiv und testen die Verständlichkeit von Texten. Sie können beurteilen, ob ein Text wirklich zu verstehen ist und somit der Leichten Sprache entspricht. Prüfgruppen sind in den Einrichtungen der Behindertenhilfe zu finden.

Leichte Sprache als Chance

Die Anwendung der Leichten Sprache erfordert das Erlernen der Regeln und ein wenig Übung. Leicht ist es nicht. Doch der Aufwand lohnt sich, denn die Leichte Sprache ist eine Chance für alle. Sie hilft, Barrieren abzubauen und Teilhabe für alle Menschen zu ermöglichen.

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